"Um zu neuen Erkenntnissen zu gelangen, muss man bereit sein, alte über Bord zu werfen".
(Frans Vermeulen)
Medorrhinum, Tuberculinum, Syphilinum - die Nosoden stellen heute eine unverzichtbare Gruppe von homöopathischen Arzneien dar. Ihre Verschreibung gehört zur alltäglichen Praxis. Doch es gibt in Nosodenfamilien zahlreiche Arzneien, die untereinander sehr ähnlich sind. Was unterscheidet beispielsweise Tuberculinum Avis von Tub. Bovinum, Tub. Koch oder von Bacillinum?
Die ersten Nosoden wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts in die Materia Medica aufgenommen, einem Zeitalter, in dem das Wissen um Krankheitserreger noch in den Kinderschuhen steckte. Vermeulen beleuchtet die teilweise dubiose Geschichte der frühen Nosoden und ihrer Indikationen, die sich aus unterschiedlichsten Quellen oft unbekannter Herkunft speisen. Ein gravierendes Problem ergibt sich dabei aus der Tatsache, dass die Symptome einer Nosode oft von verschiedenen Untergruppen einer Bakterienart entstammen und aus Unkenntnis in der Folge miteinander vermischt wurden. Dieser Mangel an Präzision der Materia Medica kann in der Praxis die Auffindung der heilenden Arznei verhindern.
Daher versteht Vermeulen es als eine der vordringlichsten Aufgaben unserer Zeit, die bisweilen fehlerhafte und unzulängliche Materia Medica gründlich zu überarbeiten und auf eine solide und tragfähigere Wissensgrundlage zu stellen. Als wichtigstes Werkzeug eines jeden Homöopathen sollte die Arzneimittellehre eine größere Verlässlichkeit gewinnen, damit zumindest die wahlanzeigenden Symptome möglichst vollständig und korrekt abgebildet werden.
Eine präzise Individualisierung erfordert eben auch eine exakte Materia Medica, denn auf diesem Fundament beruht die homöopathische Vorgehensweise, egal nach welcher Methode gearbeitet wird. Angesichts der ständig wachsenden Zahl homöopathischer Arzneien wäre auch eine bessere Klassifizierung und Einteilung der homöopathischen Substanzen nach Gruppen und Familien sinnvoll, so dass dem Therapeuten die Suche nach dem passendsten Arzneimittel erleichtert wird.
Sein Ansatz ist dabei die Individualisierung im Rahmen von Gruppen-, Familien- und Spezies-Zugehörigkeit.
Bei der Differenzierung der Nosoden berücksichtigt Vermeulen zunächst ihre Zugehörigkeit zu den einzelnen Nosoden-Familien. Innerhalb derselben Familie gibt es zumeist starke Ähnlichkeiten in der Symptomatik, und in der Folge wird die weitere Differenzierung anhand spezifischer Organbezüge und anderer Besonderheiten vorgenommen. Dabei wird jede Nosode mit ihren typischen klinischen Symptomen und einer Fülle interessanter Informationen dargestellt.
Glanzlichter dieses Seminars sind die Fragestellungen, die sich aus den weitreichenden Forschungen und brillianten Überlegungen Vermeulens ergeben: Beispielsweise ist die Hypothese denkbar, dass es sich bei der Borreliose um eine neue Form der Syphilis handeln könnte und eine symbiotische Beziehung zwischen Mensch und Spirochäte existiert.
Primärer Zweck des Seminars ist nicht die Vermittlung von Arzneimittelwissen für die Praxis, sondern die Ausbildung eines kritischen Blicks auf die Materia Medica.
Folgende Nosoden und Nosodenfamilien werden hier vorgestellt:
Tuberculinum-Gruppe:
Brucella, Hippocaeninum, Tuberculinum Bovinum, Tuberculinum Koch, Bacillinum, Tuberculinum Avis, Mycobacterium Avium Paratuberculosis (MAP), Leprominium, Diphtherinum
Syphilitische Gruppe:
Syphilinum, Framboesinum, Borrelia, Leptospira Ictero-Hemorrhagica, Yersiniae, Pestinum
Medorrhinum-Gruppe:
Medorrhinum, Meningococcinum, Flavus, Sycoccus (Sycotic Compound), Chlamydia
Aus: Vermeulen, Frans: Nosoden - Das Königreich der Erreger (ME-2101D)
>>>Nosoden. Wie reagieren wir auf die Welt? Psor., Carc., Lyss., Syph., Med."Wer möchte, dass die Welt bleibt wie sie ist, will nicht, dass sie bleibt" (U-Bahn-Spruch)
Nosoden (Arzneien aus Krankheitsprodukten) werden in der Homöopathie konstitutionell, miasmatisch oder als Zwischenmittel eingesetzt. Ihre Arzneimittelbilder sind durch die Erreger und Auswirkungen ihrer Krankheit gekennzeichnet und durch die Zeitumstände, als sie erstmals epidemisch in Erscheinung trat. An diesem Sonntag reflektieren drei erfahrene Homöopathinnen die wichtigsten Nosoden in ihrer tieferen essenziellen Bedeutung.
Eine Gemeinsamkeit besteht in der Sehnsucht, es möge "endlich alles gut werden". Nosoden konfrontieren uns mit der Frage: "Was will ich eigentlich hier (im Leben)? Wie kann ich meine Kraft am besten zum Ausdruck bringen?" Sie können uns dabei helfen, kollektive und individuelle Grenzen zu sprengen, indem sie um einen neuen Weg ringen, der sich im Krisenhaften der Krankheit bereits zuvor angebahnt hatte.
Hahnemann benannte seinerzeit drei Grundmiasmen (Psora, Sykose, Syphilis), die eng mit den Erbnosoden (Psorinum, Medorrhinum und Syphilinum) korrespondieren. Die unterschiedlichen Miasmen vergleicht Sara Riedel in einem Bild Rajan Sankarans zum individuellen Umgang mit einer Autopanne: Die unterschiedlichen typischen Reaktionen darauf verbildlichen das dominante Miasma.
Die Psora (Krätze-Miasma) gilt als Urübel allen Siechtums. Ihre Nosode Psorinum ist von Hautirritationen geprägt. Der Patient kann den Eindruck mangelnder Hygiene erwecken und fühlt sich verzweifelt, hoffnungslos, sündig und schuldig. Dazu schildert Michael Antoni verschiedene Fälle aus seiner Praxis und benennt die Leitsymptome: 1. Psychose mit Beziehung zur Hiobsgeschichte 2. Hoffnungslosigkeit von Eltern bei einem Kind mit Neurodermitis 3. Chronischer Durchfall.
Carcinosinum ist in den Rubriken "Beschwerden durch" stark vertreten. Der Mensch verausgabt sich für andere und übergeht dabei ihre eigenen Bedürfnisse. Eine Carcinosinum-Kernverletzung besteht darin, nicht gesehen zu werden. Hier schildert Antoni weitere Beispiele, u. a. den Fall eines bockigen Mädchens. Wichtige Familien- und Allgemeinsymptome (z. B. familiärer Diabetes) komplettieren das Carcinosinum-Bild.
Denise Lang geht ausführlich auf das wenig bekannte Lyssinum (Tollwut). Zunächst umreißt sie die Tollwut als Krankheit. Historische und mythologische Bezüge bieten einen Einstieg in das homöopathische Arzneimittelbild. Auffällig sind mörderische Impulse, überempfindliche Sinne und eine Verschlimmerung durch Glitzerndes. Auslöser können (ritueller) Missbrauch und Gewalt sein, insbesondere verbunden mit starker Abhängigkeit. "Ein Mensch, der um sich schlagen muss, da er weiter gequält würde, wenn er still bliebe". Lang beschreibt das Erscheinungsbild von Patienten und schildert den spannenden Fall einer schwangeren Frau.
"Alles hat seine Richtigkeit - auch die Extreme"
Zu Syphilinum, dem "Zerstörer", stellt Sara Riedel die Frage: "Wie gehe ich mit Destruktivität um?" In ihrer Praxis benötigte sie die Nosode wiederholt bei paranoiden Patienten mit Größenwahn. Der Syphilitiker stellt sich über andere, um sich vor Angriffen zu schützen. Voller Sehnsucht nach Wahrheit empfindet er das Leben dennoch als furchtbar und sinnlos. Zwei weitere interessante Fälle werden vorgestellt. Heilung geschieht, wenn der Syphilitiker Kontakt zu seiner Gefühlsebene bekommt.
Jens Brambach vollzieht mit Medorrhinum den Schritt von der Syphilinie zur Sykose. Dabei geht es um die horizontale Spaltung zwischen zuviel und zuwenig - um den hypertonen (hypertrophen) oder hypotonen Exzess: "Er verschwendet sich an alles und jeden und kommt nicht zur Ruhe." Patienten lassen sich leider oft erst in der hypotrophen Phase (Schwäche, Bindungsschwäche, Depression, Unerträglichkeit von Stille) behandeln.
Nosoden-Patienten sind Sankaran zufolge vom Gefühl geprägt, dass "etwas mit ihnen nicht stimmt". Nosoden-Arzneien können dazu beitragen, diese Unstimmigkeit mit sich selbst zu heilen.
Ein umfassender, detailreicher und doch kompakter Überblick über die wichtigsten Miasmen und Nosoden, mit anschaulichen Fallbeispielen.
Fälle
- Kind mit Neurodermitis
- Bockiges Mädchen
- Künstler mit Schlafstörungen
- Psorinum: Urübel allen Siechtums
- Carcinosinum: Beschwerden durch, Verzicht, Verausgabung für andere
- Lyssinum: Abhängigkeit und Qual
- Syphilinum: Destruktion und Neuaufbau, Wahrheitssehnsucht, paranoider Größenwahn
- Medorrhinum: Hypertones und hypotones Extrem
Querverweise & weitere Hauptthemen der Titel
Artemisia annua Bacillinum Carbo anim. Carboneum dioxydatum Carcinosinum chronische Krankheit Krebs Medorrhinum Miasmen Psorinum Radium brom. Syphilinum Tuberculinum Tuberkulinie
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