Bönninghausen, Boger und Kent schufen grundlegende Werkzeuge der Homöopathie: die drei wichtigsten Repertorien, mit ihren unterschiedlichen Analysetechniken. Allerdings führen die unterschiedlichen Repertorien nicht immer zur selben Arznei. Warum ist das so? Was sind die Stärken und Schwächen der verschiedenen Repertorien und ihrer analytischen Methodik? Wann kann es sinnvoll sein, verschiedene Repertorien miteinander zu kombinieren? Was bedeutet es, wenn unterschiedliche Arzneien in den Vordergrund rücken?
Das vergleichende Seminar des erfahrenen Berliner Repertorisationslehrers Matthias Richter schult die Entscheidung dafür, wann sich welche Analysestrategie besser oder weniger gut eignet. Beherrscht man als praktizierender Homöopath lediglich eine Vorgehensweise, bleibt der Heilungserfolg manchmal nur deshalb aus, weil das benutzte Werkzeug spezifische Schwächen aufweist und nicht zum Fall passt.
Der kreative und zugleich kritische Umgang mit den Werkzeugen von Bönninghausens (z. B. Therapeutisches Taschenbuch), Boger (General Analysis, Synoptic Key) oder den auf Kent basierenden Repertorien (z. B. Synthesis) kann hilfreiche "Winke" (wie Hahnemann sagte) auf passende Arzneien liefern. Doch ist es in jedem Falle unbedingt ratsam, die Ergebnisse anhand der Materia Medica zu überprüfen! Ohne eine solide Anamnese und eine fundierte Arzneikenntnis bleiben die schönsten "Rechnereien" in der Praxis von geringem Wert. So geraten beispielsweise "kleinere" (unbekanntere) Arzneien schnell aus dem Blickfeld, wenn man zu viele Symptome rubriziert oder nach überwiegend konstitutionellen Merkmalen repertorisiert.
Matthias Richter stellt hier beispielhaft neun Fälle vor, an denen er die jeweiligen Spezifika der unterschiedlichen Repertorien/Methoden präzise beschreibt und differenziert. Einige Fälle benötigen - ganz praxisnah - durchaus auch mehrere Verordnungen, mit unterschiedlichen methodischen Überlegungen. Daran wird deutlich, wie vielfältig alle Analysemethoden einsetzbar sind und wie kreativ sich ein spielerischer Umgang mit ihnen gestalten kann. Im Gegensatz zur Auffassung Kents können gerade auch lokale Phänomene unerwartet deutliche Ergebnisse hervorbringen. Gemütszustände fungieren bei der abschließenden Arzneientscheidung dann oft nur noch als "Zünglein an der Waage".
Der Wahl der Werkzeuge beruht letztendlich immer auch auf der persönlichen Neigung des Homöopathen. Eine klare Entscheidung setzt jedoch zunächst eine souveräne Kenntnis der methodischen Besonderheiten voraus! Beherrscht man diese sicher, kann man bereits im Vorfeld erkennen, für welche Herangehensweise sich das Beschwerdebild des Patienten am besten eignen dürfte - mit möglichen Konsequenzen bis in die Anamnese hinein: So wird man beim einen Patienten eher nach Allgemeinsymptomen und Modalitäten fragen, beim anderen eher die Totalität (Kent) zu ermitteln suchen. Boger hingegen eignet sich eher für einen klinischen Fokus. Der Referent plädiert hier für eine möglichst unbefangene, pragmatische Nutzung aller zur Verfügung stehenden Arbeitsmittel. Damit wird eine Grundvoraussetzung geschaffen, um für jeden Fall die passendste Arznei zu finden.
Daher legt Matthias Richter großen Wert auf die Freiheit von theoretischen Denksystemen und Deutungsversuchen, insbesondere was bekannte Klischees und vermeintlich "typische" Eigenschaften von Arzneien anbelangt. Solche "Typen" können den Blick aufs Ganze vorurteilshaft einengen und trüben. Erst wenn es gelingt, die Arzneien von stereotypen "Bildern" zu befreien, wird ihr großes Potenzial voll ausschöpfbar. Und sie können wieder zu wahren Polychresten ("Vielnützigen")
werden!
Auf die beiden vorangegangenen Repertorisationsseminare (Bönninghausen, Boger) folgt hier nicht nur ein drittes großes Repertorium (Kent), sondern der konsequente Vergleich aller - mit dem praktischen Ziel, unterschiedliche Analysemethoden pragmatisch und fallorientiert einsetzen zu können. Eine bestens gelungene Gegenüberstellung!
Aus: Richter, Matthias: Bönninghausen, Boger & Kent. Repertorisationsmethoden im Vergleich (KS-2142)
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